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Meller Interview zur „Zeig dein Gesicht“ LP

Dein zweites Soloalbum “Zeig Dein Gesicht” wird am 17.03.2017 erscheinen. Seit “To The Bone” sind jetzt fast acht Jahre vergangen, hast du so lange an deinem zweiten Album gearbeitet? Was ist in der zwischen Zeit passiert?

Es gab ja einige andere Projekte, ein Kollabo-Album mit Royal Black, zwei EP’s mit Fabba. Aber die Arbeit am Album hat auch ne Weile gedauert. Man sagt ja auch das zweite Album ist oft das schwierigste für den Künstler. Einerseits willst du die Leute die das alte Album mochten nicht enttäuschen, anderseits willst du dich natürlich auch weiterentwickeln.

Was wird uns also auf dem Album erwarten?

Textlich ist es sehr persönlich, relativ wenig Battle oder übliche Phrasendrescherei über das Rap-Geschäft. Es geht viel um den Kampf mit sich selbst im kreativen und auch im ganz persönlichen Prozess. Man setzt sich Ziele und ist mit Hindernissen konfrontiert, mit denen man irgendwie umgehen muss. Das ist ja auch ein Entwicklungsprozess. Soundtechnisch geht es auch wieder in eine etwas andere Richtung als die letzten Sachen: AUX hat ja einen ziemlich eigenen Stil mit viel selbst eingespielten Sounds.

AUX 99 hat dein komplettes Album produziert. Wie kam die Zusammenarbeit zustande und welchen Einfluss hatte er auf die Tracks?

AUX und ich kennen uns schon sehr lange, wir haben schon zu Session-Zeiten zusammen Mucke gemacht. Er hat mir dann ne dicke Ladung Beats geschickt, wo schnell klar war, dass das ein Album werden kann. Nachdem die Beats gepickt und die Texte geschrieben waren, hat AUX dann nochmal viel an den Arrangements und dem Soundbild geschraubt. Zusammen mit Frankie Siegel vom Sirius Sounds Studio haben wir das dann durchgezogen. Ich hab mir dabei auch jede Kritik von den beiden angehört, und viel mehr angenommen als bei meinen älteren Produktionen.

Die erste Videoauskopplung ist ja “Beatstreez & Wildstylez“, wo du auch ein bisschen von deinen Anfängen im Rap berichtest. Du bist ja eher durch Graffiti zum Rap gekommen…

Ich bin halt nah an der S-Bahn Haltestelle in Bochum Höntrop aufgewachsen und hab so Ende der 80er bemerkt, dass da viele Bahnen End2End lackiert waren. Ich hab dann als Kind mal meine Mama gefragt wie sie das so findet, und sie meinte „Ach, das ist doch ganz schön, sonst ist ja auch nur Werbung drauf.“ Sie hat später sicher bitter bereut, dass sie das gesagt hat, spätestens nach der ersten Hausdurchsuchung. Ich hab am Anfang auch eher so Hardcore und Punk gehört, aber durch Sachen wie Bodycount und Ice-T hab ich angefangen mich mehr mit Rap zu beschäftigen. Ich bin dann auch auf diese Connection zwischen Graff und Rap gekommen, das war ja auch auf den Jams total präsent. Aber das Rap auf deutsch wirklich funktioniert hab ich erst durch RAG und die Bunkerwelt-Leute (Creutzfeld &Jakob) gecheckt. Da hab ich verstanden: Das kann ich für mich auch als Medium nutzen. Wir haben dann erst mal jahrelang unser eigenes Ding gemacht, in Kellern gerappt, ganz ohne Druck irgendwas releasen zu müssen. Den Fame hatten wir ja durch Graffiti.

In dem Track kommt auch eine Story mit Mach One, Toni und Mok vor. Gibt’s da Beef?

Nee, keinen Beef. (Lacht) Wir waren damals in Berlin, mein Homie hatte durch Zufall den Mach kennengelernt, das war noch vor Aggro und dem Berlin-Hype. Zu der Zeit hingen da einfach alle ab, also Frauenarzt, Basstard, Akte und die ganzen BassBoxx Leute. Wir hatten echt ne gute Zeit da, aber einmal hats eben auch gescheppert: Wir haben irgendein Trinkspiel gezockt mit den Jungs, und ich war ordentlich besoffen und hab dementsprechend rumgegrölt. Toni hatte einen Haftbefehl offen und wollte immer, dass wir leiser sind. Nachdem er dann zum dritten Mal ankam und ich ihn noch auslachte hat er mir ne Bombe gegeben. Auf einmal ziehen alle ihr Messer raus und machen Riesenstress, auch untereinander… Hat sich aber dann wieder beruhigt. Mok hatte auch einen Homie von mir abgezogen. Aber man hat sich auch später noch wiedergesehen, da ist alles cool. Das ist einfach eine witzige Anekdote – Wir waren noch jung und haben eben Lehrgeld bezahlt.

Das ist jetzt dein zweites Release, was nur auf limitiertem Vinyl und Digital erscheint. Ist das die Zukunft für dich? Und was mach die Promo fürs Album?

Wir haben die Vinyl ja auch schon immer hochgehalten, haben viel mit Cuts gearbeitet. Auch auf „Zeig Dein Gesicht“ gibt es so gut wie keinen Track ohne Cuts von Cutz Spenza. Momentan gibt’s ja auch diesen Hype, selbst Helene Fischer haut Vinyl raus. Aber für mich war das immer auch ein Ziel, meinen Shit auf Vinyl zu haben, irgendwie ist da auch die Wertschätzung größer.
Bei der Promo war es mir wichtig, dass das vor allem für die Leute die nah dran sind nachvollziehbar bleibt. Ich bedien natürlich auch die ganzen sozialen Medien, und ihr könnt mir da gern auch folgen und mich liken und teilen, weil der Scheiß den ich mache ist einfach cool. Aber keiner will von mir irgendwelche Ansagen hören, oder künstlichen Beef für Promo, so was ist doch lächerlich.

Was steht als nächstes bei dir an, arbeitest du schon an neuen Projekten? Du hast ja auch neben der Musik Projekte, was wird da auf uns zu kommen?

Ich mache weiter meine Hip Hop Projekte mit Jugendlichen, im kulturellen Bereich oder in Schulen. Davon lebe ich auch, kommerzielle Zwänge sind mir ja nicht fremd. Da geht’s aber auch darum, den Kids diese kreativen Ausdrucksformen weiterzugeben. Hip Hop ist ja die größte Jugendkultur heute, und eigentlich geht es da immer auch ums Selbermachen, man kann mit den einfachsten Mitteln was erreichen. Für mich ist es wichtig, mein Geld zu verdienen in einem Bereich wo ich auch hinter stehen kann, wo ich Spaß dran hab.
Dann noch was ganz besonderes: Eine Woche nach Release gibt’s eine Premiere am Bochumer Schauspielhaus. Wir spielen mit drei Rappern – außer mir sind das 2Seiten und Killah Kong – die Odyssee nach Homer. Wir haben da Rap-Elemente in die klassischen Texte eingearbeitet und switchen zwischen diesen Passagen und dramaturgischen Elementen. Die Regie führt der Berliner Regisseur Neco Çelik.
Musiktechnisch ist natürlich auch schon was geplant, das wird aber noch nicht verraten…

Releaseparty 7. April: www.facebook.com/events/1842744855984803

Mellers Webseite: www.meller-rap.de